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Vorgestern habe ich wieder mit Carina telefoniert und sie stellte mir die Frage , ob ich mit meinen Schülern komponiere. Klar meinte ich und erzählte, wie ich das anstelle. Carina hörte interessiert zu und meinte, ich solle doch einen Artikel darüber schreiben. Soll ich? – Gern. In meinem Artikel zeige ich euch, wie ihr eine Wellenmusik komponieren könnt.
Witzigerweise finde ich solch einen Artikel ganz schön persönlich. Aber das liegt wahrscheinlich daran, dass ich in diesem Bereich keine Ahnung habe, ob meine Methode interessant oder sogar gut ist. Ich schreibe lieber über Dinge, mit denen ich mich besser auskenne, aber man muss sich ja entwickeln. Insofern freue ich mich sehr über ein Feedback. 🙂
Zwei meiner jungen Schüler komponieren regelmäßig und natürlich bringe ich mit ihnen zusammen die Stücke in Form, so dass wirklich sehr hörenswerte Kompositionen dabei entstehen. Anjas Waldlichtung und Tims Räuberfeier sind dabei schon entstanden. Von Tim gibt es demnächst ein neues Stück, welches ich wieder in einem Artikel vorstellen werde. Wie gewohnt wird es Noten zum Ausdrucken geben.
Aber auch mit Schülern, die nicht das Bedürfnis bzw. das Interesse haben, komponiere ich zumindest zwei, drei Stücke. Manche Talente könnten ja geweckt werden. Außerdem lernt man beim Komponieren eine Menge über Formen und Regeln in der Musik.
Es gibt viele Möglichkeiten, wie ein Stück entsteht:
- improvisieren
- ein Stück nachkomponieren
- ein rhythmisches oder ein melodisches Motiv verwenden
- zuerst eine Begleitung finden und darauf eine Melodie komponieren
- zuerst eine Melodie erfinden und dazu die Begleitung suchen
- die Begleitung eines Stückes beibehalten und sich eine neue Melodie ausdenken
- die Begleitung eines Stückes variieren und die Melodie danach leicht verändern
Hilfreich ist im Vorfeld, Schülern immer wieder die Angst vor Fehlern zu nehmen. Gerade ältere Schüler wollen immer perfekt, also ohne verkehrte Töne spielen und meinen, das sei das Wichtigste am Klavierspielen. Wenn sich ein Schüler verspielt und der Ton passt, sage ich gern “auch hübsch” oder “schöne Idee”. Und ganz ehrlich, mich inspiriert ein Verspieler immer sehr und oft fällt mir gleich ein, wie die Melodie weitergehen könnte. Ich sollte mir angewöhnen, diese Verspieler zu notieren. Aus dem einen oder anderen würde sicher ein neues Stück entstehen. 🙂 Wir besprechen dann auch, warum der “verkehrte” Ton auch gut klingt – weil er zur Harmonie gehört, oder warum ein Ton nicht gepasst hat – da er eben nicht in der Harmonie zu finden ist. Wenn es möglich ist, bespreche ich einen Verspieler und gebe einen Tipp, wie man die Stelle noch hätte retten können. Zum Beispiel, in dem der verkehrte Ton ein Vorhalt sein könnte und der richtige danach gespielt wird und auf welchem Pulsschlag das passen würde.
Wo immer es möglich ist, variiere ich mit meinen Schülern die Begleitung eines Stückes, um ihn oder sie daran zu gewöhnen, dass die notierte Version auch nur eine Möglichkeit von vielen ist. Und dass es eben auch anders schön klingt. Ich habe wirklich das Gefühl, dass der Perfektionsgedanke dann langsam abnimmt.
Als erstes komponiere ich mit meinen Schülern die Wellenmusik nach. Dies ist ein Stück aus Grundstellungsdreiklängen und ihr findet es in 123 Klavier Heft 1 von C. Ehrenpreis & U. Wohlwender.
Dieses Stück lernen meine älteren Anfänger direkt in der ersten Klavierstunde. Die Harmonien dazu schreibe ich einfach mit Buchstaben auf ein Blatt Papier. Einige Monate später freue ich mich darauf zu erfahren, welche Harmoniekombination meinen Schülern am Besten gefällt. Was lernen sie dabei?
- es ist kein Zufall, dass das Stück 8 Takte hat
- das Stück beginnt und endet mit einem Dreiklang auf dem C –> Tonika
- die vorletzte Harmonie ist die Dominante, also der Dreiklang auf der 5. Stufe (G)
- der Dreiklang auf dem H klingt anders und wird im Original nicht verwendet, da es sich um einen verminderten Dreiklang handelt (aus zwei kleinen Terzen bestehend)
- den Aufbau von Dur und Moll-Dreiklängen
Also, drei Harmonien sind vorgegeben, die anderen gilt es jetzt zu finden. So notiere ich das:
Die Original-Wellenmusik besteht aus je 4 Dreiklängen, die abwechselnd links und rechts über vier Oktaven gespielt werden. Während des Komponierens lasse ich nur zwei Dreiklänge pro Harmonie spielen (einen links und einen rechts), sonst sprengt die Harmoniesuche den zeitlichen Rahmen. Ich lasse links mit einem Dreiklang auf dem kleinen C beginnen, die rechte Hand spielt einen Dreiklang auf dem eingestrichenen C und dann wird die zweite Harmonie durch Ausprobieren gesucht. Wir probieren alle Möglichkeiten (auf den weißen Tasten) durch:
- vom (Dreiklang auf dem) C hoch zum (Dreiklang auf dem) D
- vom C runter zum D
- den Dreiklang auf dem E lasse ich aus, da die Original-Wellenmusik so weitergeht
- vom C hoch zum F
- vom C runter zum F
- vom C hoch zum G
- vom C runter zum G
- vom C hoch zum A
- vom C runter zum A
- den Dreiklang auf dem H lasse ich weg, da es sich um einen verminderten Dreiklang handelt
Wenn die zweite Harmonie festgelegt ist, geht es von Vorne los. Immer vom Anfang, um einen Bezug zum Grundton zu haben. Dann wird also die dritte Harmonie gesucht. Wieder alle Möglichkeiten durchprobieren. Versteht ihr, was ich meine?
So könnte eine selbstkomponierte Wellenmusik anschließend aussehen:
Mit diesen Harmonien kann man jetzt weiterkomponieren, in dem man die linke Hand ein Begleitmuster damit spielen lässt. Wie dazu eine Melodie entsteht, beschreibe ich im nächsten Kompositions-Artikel.
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Liebe Sandra,
ich hab beim Telefonieren zwar fleißig mitgeschrieben, doch ich freue mich deine Tipps jetzt “in Schön” ausdrucken zu können!
Es ist eine super Idee von den Harmonien auszugehen, schließlich wird genau das Wissen darüber ja später beim Melodien erfinden benötigt.
Bisher wusste ich nicht wo ich anfangen sollte- jetzt kenne ich einen Weg.
Und die Wellenmusik spielen eigentlich alle meine Schüler, ein super Stück um den Pedaleinsatz zu erklären. Und zum komponieren!
Vielen lieben Dank!
Carina
Hallo Sandra,
manche Schüler beehren mich im Unterricht mit selbstgeschriebenen Gedichten die wir dann vertonen. Hast du schon mal überlegt den Weg von der Sprache zum Rhythmus, dann zur Melodie und zur Begleitung zu gehen??? (Also ich habe noch nicht versucht von Harmonien auszugehen, da ich immer von der uns gegebenen Stimme ausgehe, welche ja auch zuerst da ist/war). Ich achte dabei auch auf eine symmetrische Taktanzahl sowie Tonika am Anfang und Ende und Dominante vor der Endtonika. Wenn ein Schüler sich einen Rhythmus erarbeitet hat “schenke” ich ihm einen Tonvorrat mit dem er sich dann eine Melodie erarbeiten kann, diesen kann ich auch erweitern und so kommt man dann unter Umständen zu mehreren verschiedenen schönen Melodien.
Vielen Dank auch für all die anderen guten Tipps die hier und in den anderen Artikeln gegeben werden.
Viele Grüße Katja
Eine schöne Idee, vielen Dank, Katja!
Darauf bin ich noch nicht gekommen und ich freue mich, es auszuprobieren!
Viele Grüße, Sandra