Buchtipp #2: Coffee with Ray

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© Natalyaleontyeva - Dreamstime.comHabt ihr Lust auf eine inspirierende Ferienlektüre?

Letzten Monat bin ich auf das Buch “Coffee with Ray” von Nick Ambrosino gestoßen, Lehrer und Gründer einer Musikschule mit eigenem Unterrichtsprogramm. Er lebt auf Long Island, in der Nähe von New York und hat fast 30 Jahre Berufserfahrung. Es geht im Buch nicht explizit um den Klavierunterricht oder Musikvermittlung, es findet sich auch die Parallele zum Sport und somit ist das Buch für alle Lehrer/ Trainer interessant. Es ist leider nur auf Englisch als Taschenbuch oder Kindle Edition erhältlich.

“Coffee with Ray” ist eine Parabel über den leicht frustrierten, allein stehenden Klavierlehrer Matt. In einer Freistunde (er macht Hausbesuche) lernt er in einem Coffeeshop Ray, einen lebenserfahrenen Herren, kennen. Ray vermittelt Matt eine neue Sichtweise auf seinen Unterricht.

Beim Lesen habe ich vieles von meiner eigenen Einstellung zum Unterrichten wiedergefunden. Interessant und neu fand ich vor allem die Tipps zur Unterrichtssprache. Leider werden die Hauptaussagen der Parabel nicht nochmal am Ende zusammengefasst. Das finde ich für so ein Buch schade, als Lehrer wissen wir doch, wie gut eine Wiederholung ist, oder? Deshalb hab ich mich an eine Zusammenfassung gewagt und möchte euch damit Lust auf das Buch machen. Ein paar Wörter hab ich zur Sicherheit nachgeschlagen, das verwendete Englisch ist aber gut zu verstehen.

  1. Unterricht als Training für ein lebenslanges Lernen.

    Mit den entwickelten Fähigkeiten und seinen Erfahrungen hat der Schüler die Möglichkeit sein volles Potential im Leben zu entwickeln.

  2. Selbständigkeit fördern.

    Die Schüler übernehmen Verantwortung, in dem sie ihre Ziele selbst wählen. Durch ihre eigene Anstrengung erwerben sie Wissen und Fähigkeiten. Der Lehrer unterstützt den Schüler und sorgt für ein angenehmes, fruchtbares Umfeld.

  3. Gefühle motivieren.

    Egal ob gute oder schlechte. Etwas tun um Schmerz zu vermeiden ist kein schöner Weg, doch Angst kann uns genauso stark antreiben wie Stolz. Als Lehrer sollten wir für gute Gefühle wie Selbstwertgefühl und Erfolg sorgen.

  4. Lernen macht stolz!

    Statt Lernen macht Spaß… Lernen bedeutet Arbeit. Doch bewältigt der Schüler die Herausforderungen, erarbeitet er sich Können und das Gefühl etwas erreicht zu haben. Sein Erfolg macht ihn stolz und die Motivations – Spirale kommt in Schwung.

  5. Die Person ist wichtig.

    Es geht einzig und allein um die Persönlichkeit und ihr mögliches Wachstum. Die erreichten Leistungen sind die des Schülers, darauf kann auch der Lehrer stolz sein. Er sollte sich dafür aber nicht selber auf die Schulter klopfen, der Fokus liegt dann nicht mehr auf dem Schüler.

  6. Das richtige Maß an Herausforderung.

    Der Lerngegenstand sollte außerhalb der Komfortzone (also des bereits Gelernten) liegen, doch nicht so schwer sein, dass Frustration und Misserfolg vorprogrammiert sind. Geht es z. B. um ein neues Stück, sollte es interessant und verlockend sein – und am besten entscheidet sich der Schüler selbst dafür.

  7. Fehler sind gut!

    Der Umgang mit Fehlern ist ein wichtiges Thema. Üblicherweise lernen die Schüler das Fehler schlecht sind – dabei sind sie das Gegenteil und zeigen, dass gerade ein Lernprozess im Gange ist. Wenn es erstmal läuft, wächst das Selbstwertgefühl und die Motivation des Schülers. Dafür sind ein angemessener Schwierigkeitsgrad  und die richtige Übe-Strategie erforderlich.

  8. Positive Unterrichtssprache.

    Ray spricht von Stopp- und Gewinnworten. Bezeichnen wir etwas als “schwer” oder “schlecht” bremsen wir den Schüler aus. Wenn wir stattdessen Worte wie “ungewohnt” oder “neu” verwenden, bekommt der Schüler das Gefühl, dass er es schaffen kann. Außerdem erreicht die genaue Bestätigung den Schüler viel mehr statt ein allgemeines Lob (“das war toll, prima, bravo”). Zum Beispiel ein “Mir gefällt, wie du das Crescendo gespielt hast!”. Soll anschließend noch ein Detail verbessert werden, verbindet man die Bestätigung mit einem “und” statt einem “aber“. Das könnte so klingen: “Mir gefällt, wie du das Crescendo gespielt hast und ich denke, nun bist du bereit auch auf die Balance zwischen beiden Händen zu achten”. Das deutet auf Entwicklung hin und ermutigt, verwendet man ein “aber” vernichtet man sein Lob und beim Schüler kommt nur die Kritik an.

  9. Ein Lehrer ist ein Chamäleon.

    Die Anforderungen an einen Lehrer sind sehr vielfältig. Er ist ein Detektiv, da er die Herausforderungen für seinen Schüler herausfinden muss. Ein Doktor, weil er überlegt wie diese zu behandeln sind. Dann Architekt, um den Bauplan für den Erfolg zu entwickeln. Außerdem ist er Psychologe mit viel Verständnis für die Person. Ein Trainer, der an der Seitenlinie steht und nicht ins Geschehen eingreift. Zuletzt auch ein Komiker, denn es gibt Zeiten in denen gute Stimmung hilfreich ist.

Ich werde das Buch bestimmt noch einmal lesen und auf diese Liste schauen. Den Unterricht aus der Vogelperspektive zu betrachten tut gut – wir sind oft mit musikalischen Details oder aktuellen Hürden in den Unterrichtsstunden beschäftigt. Das große Ganze rückt einiges wieder an die richtige Stelle…

Viel Freude im Unterricht wünscht

Carina

Mehr über Carinas Arbeit erfahrt ihr auf www.pianostudioratingen.de


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Über Carina

Klavier unterrichten ist mein absoluter Traumberuf. Mein Ziel ist ein musikalischer und motivierender Klavierunterricht, in dem sich meine Schüler wohlfühlen und stetig weiter entwickeln. Mein Diplom in Musikpädagogik habe ich 2003 an der Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf gemacht, seitdem unterrichte ich selbständig - inzwischen in meinem eigenen Studio.

2 Gedanken zu „Buchtipp #2: Coffee with Ray

  1. Sophia

    Liebe Carina,

    wenn man nicht wüsste, dass dieses Buch vom Klavierunterricht handelt, könnte man meinen, es wäre ein Ratgeber für frischgebackene Eltern 😉 In meinem vielgelesenen Erziehungsbuch steht so ziemlich dasselbe *g*

    Ich möchte nochmal betonen, dass ich es toll finde wie bemüht du und Sandra um eure Schüler seid! Da können sich viele Eltern in Bezug auf ihre Kindererziehungstätigkeit noch eine Scheibe abschneiden.

    Schönes Wochenende
    wünscht Sophia

    Antworten
    1. Carina Beitragsautor

      Liebe Sophia,

      vielen Dank für deinen Kommentar!

      Im Bereich Erziehungsratgeber kenne ich mich leider (noch) nicht aus, witzige Parallele!
      Ich denke, dass sich Eltern, Lehrer und Sporttrainer ihrer Verantwortung bewusst sein und alle in ihrem Bereich das Kind unterstützen sollten.
      Ich erlebe immer wieder, dass Lehrer es den Schülern möglichst leicht machen, doch sie damit sehr einschränken und unterschätzen.
      Und dieses “Hauptsache Spaß” der Eltern ist sehr kurzfristig gedacht, da ist der jährliche Wechsel der Hobbies schon vorprogrammiert.
      Das sind keine guten Erfahrungen und Rückschlüsse auf sich, die das Kind dann sammel wird.
      Wir wachsen an unseren Herausforderungen- und das gibt ein super Gefühl!

      Liebe Grüße!

      Antworten

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