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Im heutigen Artikel möchte ich euch eine wirklich schöne und leichte Improvisationsidee vorstellen. Ein kleiner Popsong, in dem die rechte Hand eine pentatonische Skala nutzt und die linke Hand das bekannte Harmoniemuster 1-6-4-5 in Form von Quinten spielt.
Ich habe für euch eine Anleitung und Tipps, wie es mit dem Improvisieren sicher gelingt und am Ende des Artikels gibt es Vorschläge, wie man aus den Improvisationsideen ein richtiges Stück (eine Komposition) zaubert. Dafür müssen die Ideen nur in eine Form gebracht werden.
Die Inspiration zum Simple Popsong kommt von meinem australischen Kollegen Daniel McFarlane (SuperSonicsPiano.com), der in diesem Podcast mit Tim Topham (TimTophan.com) über “Students Composition Tactics” spricht. “Komponieren mit Klavierschülern” könnte man auf Deutsch sagen. Daniels “Simple Popsong” startet bei 14:00.
Die linke Hand spielt die 1-6-4-5 Akkordfolge:
Wie die Akkordfolge zu ihrem Namen kommt, habe ich in diesem Artikel erklärt.
Die rechte Hand bekommt folgenden Tonvorrat:
Diesen Vorrat aus fünf verschiedenen Tönen nennt man Pentatonik. Der Fachbegriff lautet: anhemitonische Skala. Einen Tonvorrat ohne Halbtonschritte. Jeder Ton der Skala harmoniert mit den anderen. Da es keine Halbtonschritte gibt, fehlt die Leittonwirkung wie etwa zwischen H zum C in einer C-Dur-Tonleiter. Das tonale Zentrum, also der Grundton ist in solchen Skalen oft nicht eindeutig.
Einigen Klavierspielern/Schülern reichen die Vorgaben für die Harmoniefolge der linken und dem Tonvorrat der rechten Hand aus, um sich damit spontan musikalisch auszurdrücken.
Viele Musizierende fühlen sich aber mit dem Thema Improvisation sehr unwohl. Entweder weil dieser musikalische Bereich ihnen einfach nicht liegt oder weil sie nie passend an dieses Thema herangeführt wurden sind. Besonders bei den Pianisten ist das der Fall, denn mit beiden Händen etwas zu zaubern, was den eigenen Ansprüchen genügt, ist nicht leicht.
Rhythmische Vorgaben beim Improvisieren
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass meine Schüler leichter und lieber improvisieren, wenn ich anfangs mehr Vorgaben mache als üblich. Besonders rhythmische Vorgaben sind sehr hilfreich. Ich schlage meinen Schülern diesen Rhythmus vor:
So geht’s noch leichter: Tonvorrat in der rechten Hand auf C, D, E beschränken.
Zieltöne
Ab und zu wird das Gefühl aufkommen, dass ein Melodieton nicht optimal zur Harmonie in der linken Hand passt. Das ist kein Problem, denn der nächste Ton der sich an den unpassenden anschließt, passt mit großer Wahrscheinlichkeit besser. Besonders wenn sich die Melodie in Tonschritten bewegt.
Im vierten Takt ist in der Melodie ein langer Ton vorgesehen und dieser sollte “richtig” klingen – es ist der Schlusston der ersten Phrase. Die Harmonie in diesem Takt ist G-Dur. Dazu passen die Melodietöne G, H und D. Dies sind die Töne des Dreiklangs auf dem G. Da das H außerhalb unseres Tonvorrats liegt, bleiben G oder D für die Melodie des “Simple Popsong”. Ist der Tonvorrat auf C,D und E beschränkt, wird das D im vierten Takt gespielt. Den Ton, den wir an einer bestimmten Stellen anpeilen nennen wir Zielton. Zieltöne sind beim Improvisieren ein wichtiges Thema – an dieser Stelle soll der im vierten Takt erst einmal genügen.
Einfache Melodien mit vielen Tonschritten
Viele Schüler improvisieren eine wilde Melodie mit vielen Sprüngen und meinen, nur dann ist eine Melodie gut und interessant. An dieser Stelle spiele ich gern den Anfang der “Ode an die Freude” von Ludwig van Beethoven:
Gute Melodien lassen sich leicht merken und gut nachsingen. Das heißt, sie enthalten viele Tonschritte & Tonwiederholungen und bewegen sich in einem kleinen, singbaren Tonumfang.
Wiederholung von Motiven
Melodien, die Motive wiederholen sind besser als solche, die permanent neue Ideen bringen. Denn alles, was wiederkehrt und als Wiederholung erkannt wird, hinterlässt ein gutes Gefühl beim Zuhörer. Melodien, die man sich merken kann, haben die Chance, zum Ohrwurm zu werden. Ständig Neues kann einem nicht im Gedächtnis bleiben.
Begleitung variieren – linke Hand
Wenn das Improvisieren der Melodie sicherer geworden ist, kann man die Begleitung etwas ändern. Zum Beispiel indem man, die Quinten halbtaktig anschlägt.
Rhythmus variieren – rechte Hand
Wenn ein Rhythmus sitzt, kann ein anderer ausprobiert werden. Beispielsweise, indem man auf dem vierten Pulsschlag zwei Achtel anstelle einer Viertel spielt. Es gibt zig Möglichkeiten an Rhythmen für jede Taktart. Mit jedem geübten Rhythmusbaustein für einen ganzen Takt hat man eine Möglichkeit mehr, besser und freier zu improvisieren.
Wie beim Tanzen. Keiner fängt mit Figuren an. Erst der Grundschritt, dann kommen nach und nach die Figuren dazu. Wenn eine Figur sitzen, kann man beginnen, sie beim Tanzen zu verwenden. Je mehr Figuren im Repertoire sind und je besser diese klappen (üben, üben, üben…), um so professioneller und freier sieht das Tanzen aus. Genau so funktioniert es mit Improvisieren.
Zieltöne für fortgeschrittene Anfänger
Klappt das Improvisieren gut, bekommen meine Schüler die Aufgabe, Sprünge in der Melodie kontrolliert zu spielen. Ein Sprung darf nur noch zu einem Ton gehen, der in der jeweiligen Harmonie vorkommt. Im Takt 1 wären das die Töne C, E & G, im Takt 2 A, C & E u.s.w..
So lernen meine Schüler, welche Töne zu den einzelnen Harmonien gehören und welche Töne somit Zieltöne sind, die man auf unterschiedliche Art und Weise erreichen kann. Eben zum Beispiel durch einen Tonsprung. Mehr über Zieltöne gibt es in meinem Artikel Komponieren einer “Melodie für Unkreative”.
Simple Popsong komponieren
Spielt man die 1-6-4-5-Akkordverbindung vier mal nacheinander und hängt dann noch einmal einen Takt C-Dur an, erhält man ein rundes Stück. Der letzte Takt könnte aussehen wie im Notenbeispiel Schritt 7. Um ein wenig Abwechslung in das Stück zu bringen, könnte man in den ersten beiden beiden Durchgängen den Rhythmus 1 (Schritt 1) und in den letzten beiden Durchgängen den Rhythmus 2 (Schritt 6) in der rechten Hand verwenden.
Viel Freude beim Ausprobieren,
sehr leichte und leichte Stücke von Daniel McFarlane gibt es im ZauberKlavier-Shop:
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Danke, liebe Sandra, für diesen gut strukturierten und hilfreichen Artikel! Die beschriebenen Schritte lassen sich bestimmt gut nach und nach aufbauen. Kannst du ungefähr abschätzen, wie viel Zeit du so in der Stunde dafür verwendest?
Liebe Grüße nach Mannheim!
Carina
Liebe Carina,
wenn die Bausteine noch nicht bekannt sind (Akkordverbindung, Rhythmus bzw. Tonvorrat für Melodie) kann man so gut eine ganze Klavierstunde mit Improvisieren verbringen. 20-30 Minuten mit fitten Schülern. Die Bausteine kann man vorher über mehrere Klavierstunden einführen, dann dauern die Schritte vielleicht 15 Minuten.
Akkordverbindungen kann man beispielsweise immer wieder bei aktuellen Stücken thematisieren und in Form von Quinten oder Begleitmustern üben. Melodien funktionieren auch bereits mit 3 Tönen. Rhythmusbausteine kann man so auch über das ganze Jahr thematisieren/üben.
In regelmäßig 10 Minuten kommt man relativ weit mit Improvisieren.
Viele Grüße, Sandra
Liebe Sandra,
mit riesigem Interesse deinen tollen Artikel rund um das Musizieren gelesen 🙂
Da bekommt man direkt Lust auf Gelerntes zurückzugreifen. 🙂 Bist du auch ausgebildete Sängerin? Aus Erfahrung lassen sich ja Piano und Gesang gut kombinieren.
Danke dir vorab & ein schönes Wochenende!