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Hallo ihr Lieben,
Mitte März erreichte mich eine Interviewanfrage für das Magazin des Notenversand-Onlineshops alle-noten.de. Die Fragen zum Thema Schülermotivation gefielen mir sehr und ich habe sofort zugesagt. Vor einigen Tagen ist das Interview nun im Magazin von alle Noten erschienen und ich freue mich, es auch auf meinem Blog präsentieren zu dürfen. Ein herzliches Dankeschön an meine Interviewpartnerin Stefanie Eck & das Team vom Notenversand Kurt Maas.
Die richtigen Voraussetzungen schaffen: Motivierender Musikunterricht
Frau Labsch, passiert es häufig, dass ein Kind nur auf Wunsch der Eltern oder Großeltern Klavierunterricht nimmt, nach dem Motto „Wir haben ein Klavier zuhause, also nimmst du jetzt mal Klavierstunden“?
Ich nehme schon länger keine Kinder mehr auf, die nur auf Wunsch ihrer Eltern oder Großeltern in meinen Klavierunterricht kommen wollen. Bereits in der Probestunde kann ich spüren, ob ein Kind wirklich Lust darauf hat, Klavier zu lernen. Wenn nicht, kommen wir nicht zusammen.
Es ist etwas Anderes, ob die Motivation im Laufe der Zeit nachlässt oder bereits von Anfang an nicht vorhanden ist. Eine positive innere Einstellung ist die Vorrausetzung für erfolgreiches Lernen, und die kann ich als Lehrer nicht herbeizaubern. Ganz egal, wie gut ich meinen Job mache. Lehrer, die an Musikschulen arbeiten, können oft nicht selbst entscheiden, wer in ihren Unterricht kommt und müssen dann das Beste aus der Situation machen.
Haben Sie konkrete Tipps, wie Musiklehrer in solchen Fällen das Interesse des Kindes am Instrument wecken können?
„Ich glaube, die beste Motivation zur Musik ist, zuerst einmal ein gutes Gefühl mit dem Instrumentalunterricht zu verbinden. Besonders am Klavier gibt es viel auszuprobieren. Man kann improvisieren, komponieren oder Stücke durch Vormachen beibringen. Jedes Erfolgserlebnis ist eine Chance und motiviert. Dafür braucht der Lehrer guten Ideen, Fingerspitzengefühl und eine begeisternde Persönlichkeit.
Gruppenunterricht kann sehr motivierend sein und vielleicht noch den einen oder anderen Schüler mitreißen. Und es gibt Lehrer, die ‚Verträge‘ mit Schülern und Eltern machen. Die einfach besprechen, was man sich gegenseitig wünscht und das formulieren. Auch wie lange durchgehalten werden muss. Das schafft eine ganz andere Vertrauensbasis. Reden ist immer sehr empfehlenswert.“
Erwachsene Klavierschüler: Begegnung auf Augenhöhe
Kinder zu unterrichten und für das Klavierspielen zu begeistern ist das eine. Welche Unterschiede stellen Sie fest, wenn es darum geht, ältere Schüler zu motivieren?
„Meiner Erfahrung nach brauchen Erwachsene mehr Lob und Zuspruch als Kinder. Erwachsene wollen nicht erzogen und bevormundet werden. Der eigene innere Kritiker ist oft groß genug, der Instrumentallehrer sollte daher eine bestärkende Rolle übernehmen und dem Schüler verständnisvoll und auf Augenhöhe begegnen – und ihn immer wieder daran erinnern, was er schon alles geschafft hat.
Ältere Schüler wissen zudem oft sehr genau, was sie wollen. Sie formulieren konkrete Fragen und Wünsche bezüglich des Lerninhaltes und der Stückeauswahl. Darauf versuche ich so gut wie möglich einzugehen. Musiklehrer sind auch Dienstleister. Wenn der Schüler sich gesehen und wichtig fühlt, motiviert das sehr.“
Der Kern des Klavierunterrichts: Repertoirewahl und Theoriegrundlagen
Welche Rolle spielt Ihrer Meinung nach das Repertoire dabei, Klavierschüler zu motivieren?
„Die passenden Stücke für den einzelnen Schüler zu finden ist unwahrscheinlich wichtig. Jeder Musiklehrer hat schon erlebt, wie schnell ein Stück gelernt wird, welches dem Schüler Spaß macht. Begeisterte Schüler lernen fast wie von selbst und sind unglaublich motiviert. Im Gegensatz dazu beenden viele den Unterricht, wenn sie ausschließlich Stücke spielen sollen, die ihnen nicht gefallen.“
Wieviel Mitspracherecht haben denn Ihre Schüler bei der Stückewahl?
„Meine Schüler haben viel Mitspracherecht bei der Auswahl der Stücke. Ich möchte auch nicht gezwungen werden, Spinat zu essen, wenn ich den nicht mag. Meine Aufgabe als Lehrer ist es, Angebote zu machen und eine möglichst breite Palette an unterschiedlicher Literatur anzubieten. Besonders bei Kindern, die noch sehr neugierig und probierfreudig sind.
Wird ein Kind gezwungen, ein Stück zu lernen, welches es überhaupt nicht mag, wird es das sein Leben lang nicht vergessen. Ältere Schüler dagegen hören einfach auf zu üben, wenn sie keine Freude an den Stücken haben.
Natürlich kann man auch ein bisschen verhandeln. Erklärt man einem Schüler die Intention der Auswahl, ist er viel eher bereit, ein Stück zu lernen, welches ihm nicht hundertprozentig zusagt. Es muss auch nicht unbedingt das ganze Stück gelernt werden, ein Abschnitt tut es oft auch. Im Anschluss wird er dafür mit einem besonders schönen Stück belohnt.“
Was halten Sie von repertoirelosem Unterricht – also Unterricht ohne feste Stücke, sondern mit reiner Improvisation?
„Für so manchen unmotivierten Schüler ist improvisatorischer Unterricht die Rettung. Besonders ab der Pubertät kann es sein, dass ein Lehrer aus dem Pop- oder Jazzbereich den Schüler viel besser genau da abholt, wo er gerade steht. Ich bewundere diese Kollegen und Kolleginnen dafür, ohne festes Repertoire zu unterrichten und unglaublich kreativ mit ihrem Instrument umgehen zu können.“
Welche Voraussetzungen sind nötig, um einen solchen kreativen Umgang mit einem Instrument zu erlernen? Welche Rolle spielt für Sie die Musiktheorie, beziehungsweise das Verstehen von Musik?
„Das Verstehen von Musik ist unabdingbar, wenn ein Schüler irgendwann selbstständig und mit Leichtigkeit Musikstücke erlernen können möchte.
Im klassischen Unterricht erleichtert das Erkennen von Harmonien, der Motive (melodisch und rhythmisch) und der Form eines Stückes das Üben ungemein. Ideal wäre es, wenn man mit diesem Material kreativ arbeiten würde. Am Klavier gibt es tausend Möglichkeiten, eine Melodie oder die Begleitung zu variieren oder mit den Ideen eines Stückes zu spielen.“
Am Ball bleiben: Was Musikschüler nachhaltig motiviert
Wenn der Reiz des Neuen verflogen ist – wie schaffen es Musiklehrer, ihre Schüler an der Stange zu halten?
„Ich glaube, dass der Lehrer viel weniger Einfluss auf die Motivation eines Schülers hat als beispielsweise die Eltern oder der Freundeskreis. Zu Hause gilt es, Üben zu einer Gewohnheit werden zu lassen, denn nur regelmäßiges Üben verspricht Erfolgserlebnisse, die von allein motivieren. Da kann der Lehrer helfen, Übungspläne mit dem Schüler zu erstellen und überhaupt das Üben immer wieder zum Thema zu machen. Denn richtiges Üben will gelernt sein!
Kommen Schüler in die Pubertät, kann ein Lehrerwechsel helfen und für neuen Schwung sorgen. Mag der Schüler keine neuen Stücke mehr einüben, ist es an der Zeit, das Improvisieren auszuprobieren (wenn man das vorher nicht getan hat) oder ihn zu motivieren, in einer Band zu spielen. Besonders als Pianist ist man oft ganz schön einsam.
Welchen Beitrag leisten Wettbewerbe und Auftritte Ihrer Meinung zur Motiviertheit der Schüler?
„Auftritte sind eine wunderbare Sache, um das Zusammengehörigkeitsgefühl in den Instrumentalklassen zu stärken, Literatur kennenzulernen und sich inspirieren zu lassen.
Sich auf ein Vorspiel vorzubereiten, kann viel Energie freisetzen, denn der Schüler möchte natürlich so gut wie möglich spielen. Jeder Lehrer kann dafür sorgen, dass Vorspielen für jeden Schüler zum Erfolg wird. Mit besonders schüchternen Klavierschülern kann man beispielsweise vierhändig beginnen.
Wettbewerbe wie „Jugend Musiziert“ sind dagegen definitiv nicht für jeden das Richtige. Dafür muss man schon eine „Rampensau“ sein und sich auf der Bühne sehr wohl fühlen. Auch für den Lehrer bedeutet das eine Menge Arbeit und Recherche. Nur wenn beide optimal vorbereitet sind, wird der Auftritt zum Erfolg.“
Motivationstiefs überwinden: Immer wieder mal nachfragen
Wenn die Motivation plötzlich im Keller ist – was können Musiklehrer tun, um ihre Schüler wieder für ihr Instrument zu begeistern?
„Musiklehrer sollten ein Gemeinschaftsgefühl unter ihren Schülern fördern. Durch regelmäßige Treffen, gemeinsames Musizieren, Theorie-Kurse oder Konzertbesuche können Freundschaften innerhalb der Instrumentalklassen entstehen. Ein Instrument zu spielen ist viel cooler, wenn Freunde das auch machen.
Um Tiefs frühzeitig entgegenzuwirken, spreche ich das Thema Motivation immer mal wieder an und frage, wie es gerade darumsteht. Ich halte viel davon, das zu thematisieren, denn mangelnde Motivation begegnet uns immer mal wieder im Leben, und wir sollten lernen, das anzunehmen und mit dem Gefühl umzugehen. Auch hier hilft, bereits im Vorfeld immer wieder darauf hinzuweisen, was der Schüler schon alles gelernt hat und Erfolgserlebnisse regelmäßig zu feiern.“
Begabte Schüler fördern
Wie gehen Sie mit Schülern um, die besonders begabt sind?
„Begabte Schüler brauchen viel Lernstoff, mehr Unterricht, regelmäßige Auftrittsmöglichkeiten und den richtigen Lehrer. Wobei ich denke, dass viele begabte Schüler gar nicht erkannt werden, weil sie sich schlicht im Unterricht langweilen und nicht zu Hochform auflaufen können. Viele klassischen Lehrer sind Perfektionisten und feilen ewig an Kleinigkeiten, bevor sie ein neues Stück anbieten. Im Durchschnitt lernt ein Schüler so nur circa sechs bis zehn Stücke im Jahr.
Ich persönlich zum Beispiel gebe besonders begabte Schüler lieber an einen Kollegen/eine Kollegin mit mehr Erfahrung ab. Ich habe mich auf Anfänger und Hobbyklavierspieler spezialisiert.“
Ein besonderer Tipp: Die „40 Pieces Challenge“
„Sehr motivierend können sich kleine und größere Wettbewerbe auswirken“, findet Sandra Labsch. Für ihren Unterricht hat sie sich daher das Konzept der „40 Piece Challenge“ ihrer australischen Bloggerkollegin Elissa Milne abgeschaut. Anstatt das Erlernen eines Stücks wie eine Prüfung zu sehen, geht es Milne darum, Musikschülern die Musik auf möglichst vielseitige Weise nahezubringen. Labsch findet diese Herangehensweise „sehr interessant und wirklich nachahmenswert.“ Als Belohnung für eine bestimmte Anzahl gelernter Stücke bekommen ihre Schüler am Schuljahresende ein Notenheft geschenkt.
Den Unterricht abbrechen – ist das eine Option?
Wann ist es für Schüler wie Lehrer sinnvoller, den Unterricht abzubrechen?
„Wie schon erwähnt, denke ich, dass es besser ist, den Unterricht mit einem Kind abzubrechen, bevor sich eine negative Grundstimmung und eine damit verbundene Abwehrhaltung aufbauen. Es ist sicher manchmal nicht einfach für beide Seiten, aber es gilt, fair und respektvoll auseinanderzugehen.
Behält ein Kind den Musikunterricht in positiver Erinnerung, stehen die Chancen gut, dass es später selbst wieder musiziert oder den eigenen Nachwuchs ans Instrument bringt.
Musikunterricht ist für jedes Kind sinnvoll, aber der Zeitpunkt und der Lehrer müssen passen. Wir verändern uns, und unsere Interessen ebenso. Das müssen wir alle akzeptieren.“
Die wichtigsten Motivationstipps in der Übersicht
Abschließend verschaffen wir Ihnen einen kurzen Überblick über die wichtigsten Tipps und Strategien, die Sie aus unserem Interview mit Sandra Labsch ziehen können:
- Der Unterricht soll Spaß machen: für ein gutes Gefühl bei den Schülern sorgen
- Das richtige Üben besprechen und ggf. einen Übungsplan erstellen
- Hin und wieder das Thema Motivation ansprechen und ggf. thematisieren
- Regelmäßig Erfolgserlebnisse der Schüler feiern
- Den Perfektionismus abschaffen und es auch mal gut sein lassen
- Gemeinsames Musizieren anregen (Instrumentalgruppen, Jugendorchester…)
- (Kleinere) Auftritte und Vorspielen vor Publikum ermöglichen
Weitere interessante Artikel zum Thema Musikpädagogik finden Sie hier und in unserem Shop gibt es die passenden Noten für den Klavierunterricht.
Wir bedanken uns bei unserer Interviewpartnerin Sandra Labsch sehr herzlich für ihre spannenden Einblicke und hilfreichen Tipps! Mehr über ihre Arbeit als Klavierlehrerin und Komponistin erfahren Sie auf ihrer Website klavierunterricht-mannheim.de.
Sehen Sie bald wieder in unserem Magazin vorbei – demnächst unterhalten wir uns mit einem Lehrer für Streichinstrumente, wie er seine Schüler motiviert.
Das Interview ist Mitte April 2016 erschienen
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Hallo Sandra,
es war schön, das Interview zu lesen.
Von den vielen bedenkenswerten Punkten, die du nennst, möchte ich zwei noch einmal ansprechen:
“Perfektionismus abschaffen” – Wie gut oder “perfekt” eine selbst erzeugte Musik ist, liegt zunächst im Ohr des Musizierenden. 🙂 Dieses eigene Erleben von Musik zu erweitern und zu bereichern, sehe ich als eine wichtige Aufgabe an.
“Gemeinsames Musizieren anregen” – Da meine Schüler und Schülerinnen untereinander kaum Kontakt haben, nutze ich oft die Gelegenheit, Familienmitglieder mit einzubinden, sei es zum Vierhändigspiel mit der Oma oder als Geschwister-Duo, z.B. Klavier mit Flöte.
Liebe Grüße aus dem ungewöhnlich kalten Rheinland
von Ines 🙂
Liebe Ines,
vielen Dank für Deinen schönen Kommentar udn die hilfreichen Gedanken!
Ich unterrichte tatsächlich viele Erwachsene und die haben eine sehr genaue Vorstellung, wie ein Stück klingen soll. Eben “perfekt”. Kinder sind da viel unvoreingenommener. Meine Erwachsenen frage ich dann immer, ob sie sich auch mit einem Marathon-Olympiasieger vergleichen könnten. Natürlich ist nein die Antwort und dann frage ich, warum sie es mit einem (natürlich musikalische hochbegabten) Pianisten/einer Pianistin tun.;)
Man muss wirklich immer wieder darauf hinweisen, wie toll es ist, was sie erricht haben. Man muss immer wieder auf die Fortschritte hinweisen und auf die Tagesform schauen. Dann werden sie milder mit sich.
Gemeinsames Musizieren ist natürlich ganz wunderbar!
Viele Grüße aus dem zum Glück wieder viel wärmeren Mannheim,
Sandra