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Hallo ihr Lieben,
sich beim Musizieren zu verspielen ist wirklich unangenehm. Ganz besonders natürlich bei einem Vorspiel. Aber auch im Klavierunterricht sind dies Momente, auf die wir gern verzichten würden. Heute gebe ich euch Tipps, wie ihr im Notfall professionell reagieren könnt und wie ihr euch auf Vorspielsituationen optimal vorbereitet.
Jeder von uns Musizierenden kennt das Gefühl, sich zu verspielen und/oder nicht mehr zu wissen, wie es weitergeht. Entweder haben wir zu wenig geübt oder nicht gut genug. Vielleicht haben wir aus Nervosität ein zu schnelles Tempo gewählt, welches noch nicht sitzt. Oder wir sind unkonzentriert, müde oder mit den Gedanken nicht hundertprozentig bei der Sache. Möglicherweise liegt es uns auch überhaupt nicht, unter Druck zu funktionieren. Nicht jeder ist eine Rampensau.
Verspielen macht sympathisch
Gründe, sich zu verspielen gibt es also eine Menge und wisst ihr was? Verspielen ist menschlich und macht sympathisch. Ein Freund von mir besuchte vor Kurzem ein Vorspiel in einem Klavierhaus. Der junge Pianist schaffte es nicht, das Publikum von Beginn an zu begeistern. Weder mit seiner Persönlichkeit, noch mit seinem Vortrag. Erst als er sich verspielte und kurz orientierungslos reagierte, war das Eis gebrochen. Ab da gab es eine Verbindung zum Publikum, denn jeder kann sich vorstellen, wie sich der junge Pianist fühlte. Das Konzert war ein voller Erfolg und die Zuhörer sehr angetan.
Wertschätzung
Ich höre oft von meinen Schülern, dass ein Verspieler sie völlig aus der Bahn wirft. Warum eigentlich? Als wenn die Welt davon untergehen würde… Meine Schüler haben nach Möglichkeit geübt und sind mutig genug, mir ein Stück oder einen Teil davon vorzutragen. Auch wenn das Stück noch neu ist und sich alles andere als sicher anfühlt. Mit diesem mulmigen Gefühl vorzuspielen ist großartig und ich habe Respekt vor dieser Leistung. Natürlich ist ein Ziel, möglichst fehlerfrei spielen, aber auch der Weg dahin verdient Lob und Wertschätzung. Ganz BESONDERS der Weg dahin. Keiner erwartet, dass man perfekt spielt, nur man selbst. Warum denn? Muss ein Hobby-Klavierspieler die gleiche Leistung erbringen wie ein Pianist? Wie wäre es, wenn ein Verspieler das gleiche ist, wie ein Stolpern beim Joggen? Also definitiv kein Drama. Und ein Stolperer macht die Sache an sich nicht wertlos. Es ist falsch zu denken, dass man nur dann Lobenswertes geleistet hat, wenn ein Stück fehlerfrei vorgetragen war. Allein die Tatsache, dass ihr Klavier spielt, regelmäßig übt und euch Klavierunterricht leistet, ist bewundernswert. Und das denkt JEDER Zuhörer. Und es wäre schön, wenn auch ihr das regelmäßig ins Bewusstsein holt.
eine Entscheidung treffen
Was passiert während und nach dem Verspielen in eurem Kopf? Woran denkt ihr? Fast immer sind wir überrascht von dem Fehler und denken panisch darüber nach, was denn verkehrt war. Und fast jeder hat das Bedürfnis, die Stelle direkt noch einmal und – natürlich – richtig zu spielen. Warum das keine gute Idee ist? Wir haben ein Kurzzeitgedächtnis und das gilt auch für unsere Motorik. Das heißt, es ist sehr wahrscheinlich, dass genau das gleiche noch einmal passiert. Dass wir uns noch einmal auf diese Art und Weise verspielen und den Fehler durch die Wiederholung stärken. Es schadet also, die Stelle noch einmal zu versuchen.
Ich glaube, wir haben die Wahl, worüber wir nach dem Verspielen nachdenken: Möglichkeit eins: “Was ist da gerade passiert?” oder Möglichkeit zwei: “Wo und spiele ich weiter bzw. wo komme ich wieder rein?”. Als Zuhörer habe ich das Bedürfnis, dass weitergespielt und das Stück beendet wird. Ist es nicht unhöflich, wenn der Vortragende entscheidet, sein Spiel zu beenden und seine Gedanken auf die Fehlersuche zu richten? In den meisten Fällen kennt der Zuhörer das Stück nicht und der Verspieler würde überhaupt nicht auffallen. Viel wichtiger als die richtigen Töne ist der fortlaufende Puls und der Takt. Wir erwarten, dass es im gleichen Tempo weitergeht. Wir erwarten regelmäßige Schwerpunkt bzw. Betonungen. Die Töne sind dabei relativ egal. Nur der sich Verspielende stellt die korrekten Töne über alles andere. Oder habt ihr schon einmal aufgehört zu spielen, weil der Rhythmus nicht korrekt war?
Wie reagieren, wenn man sich verspielt hat?
Ärgert euch nicht, wir sind keine Maschinen. Versucht, das Verspielen nicht zu kommentieren oder eure Enttäuschung in der Mimik auszudrücken. Merkt euch einfach, an welcher Stelle der Fehler bzw. die Unsicherheit war und beschäftigt euch damit, wenn es die nächste Gelegenheit dazu gibt. Also beim nächsten Üben und NICHT während des Vorspielens.
Spielt, wenn möglich, mit einer Hand weiter und setzt mit der anderen Hand an einer sinnvollen Stelle wieder ein. Der Anfang einer Phrase bietet sich dafür an. Dafür muss man natürlich die Hände auch einzeln gut beherrschen. Es lohnt sich also, die Hände abschnittsweise einzeln zu üben. Auch wenn man ein Stück schon recht sicher mit beiden Händen spielen kann.
Wenn ihr komplett aus dem Spielfluss kommt, wählt zum Weiterspielen IMMER eine Einstiegsstelle, die NACH der unsicheren Stelle kommt. Denkt an das Kurzzeitgedächtnis. Und ändert nicht das Tempo beim Weiterspielen. Es gibt nichts aufzuholen. Für den Zuhörer sind Tempoänderungen sehr unangenehm. Und nicht vergessen: Ärgert euch nicht. Das Ziel ist nicht, perfekt und fehlerfrei zu spielen. Das Ziel ist, Musik zu machen und die Gefühlswelt der Zuhörer anzusprechen. Auch wenn “nur” die Klavierlehrerin oder der Klavierlehrer neben euch sitzt.
optimale Vorbereitung
Damit es leicht gelingt, während des Vorspielens und nach dem Verspielen einen kühlen Kopf zu bewahren, muss man das Stück sehr gut kennen und gut geübt haben.
Ich empfehle, auch fast fertige Stücke weiterhin zu üben und nicht nur zu spielen. Üben ist langsames Wiederholen von Abschnitten. Einzeln und zusammen. Das Tempo muss so langsam sein, dass das Fingergedächtnis nicht mehr abrufbar ist, ihr also mit dem Kopf spielen müsst. So bekommt ihr eine gute Rückmeldung, wie sicher das Stück ist.
Sucht und markiert, über das gesamte Stück verteilt, Einstiegsstellen, an denen ihr relativ leicht wieder reinkommt bzw. weiterspielen könnt. Diese Stellen werden mit Nummern versehen. Je kürzer das Stück, um so dichter sollten die Einstiegsstellen beieinander liegen.
Übt, an diesen Stellen anzufangen. Einzeln und mit beiden Händen zusammen. Bittet jemanden, euch mehrmals mit “Stop” zu unterbrechen, während ihr euer Stück spielt. Springt bei jedem Stop zur nächsten Einstiegsstelle und spielt weiter. Oder lasst euch mit “rechts” und “links” unterbrechen. Diese Hand spielt allein weiter und die andere setzt an der nächsten Einstiegsstelle wieder ein.
Mein letzter Tipp: Versetzt euch regelmäßig in eine Vorspielsituation, um zu überprüfen, wie sicher euer Stück bereits ist. Sucht euch dafür Zuhörer oder nehmt euren Vortrag selbst auf. Das hilft, die Nervosität über kurz oder lang auf ein Normalmaß zu senken und beim Vorspielen nicht die Nerven zu verlieren, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert.
Mehr Artikel zum Thema Effektiv Üben gibt es hier: *Klick*.
Habt ihr weitere Ideen? Ich freue mich über eure Gedanken zum Thema Verspielen.
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Also das sind mega gute Tips! Bei mir steht bald das Abschlusskonzert der Musikschule heran und um genau dieses Thema “verspielen-was nun?” mache ich mir Gedanken!
Vielen Dank für Deine schöne Rückmeldung, Claudia! Das freut mich sehr!
Und für Dein Abschlusskonzert wünsche ich Dir viel Erfolg! Welche Stücke hast Du ausgewählt?
Liebe Grüße aus Mannheim,
Sandra
Liebe Sandra
dein Artikel macht Mut – Verspielen ist oft nicht zu verhindern. Zulassen und nicht ärgern sage ich zu meinen Schülern. Passiert es immer wieder an der gleichen Stelle, braucht diese vielleicht noch ein wenig Extra Zuwendung.
Du vergleichst das Verspielen mit Stolpern beim Joggen. Ein anschauliches Bild.
Ich verwende gerne den Vergleich mit einem Versprecher bei einer Rede. Das Ganze wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass sich jemand verspricht. Kaum eine Person kann eine längere Rede ohne Versprecher durchhalten. Wenn wir uns in der Klavierstunde oder bei einem Vortrag verspielen, dann haben wir uns eben versprochen.
Ein wunderbarer Gedanke, liebe Christel ! Versprechen trifft es sehr gut!
Vielen Dank fürs Teilen.
Herzliche Grüße aus Mannheim,
Sandra
Liebe Sandra,
das ist ein wunderbarer Artikel, vielen Dank!
Die wenigsten (meiner) Schüler mögen es, das motorische Gedächtnis zu durchbrechen. Ich bin dazu übergegangen, Taktnummern auf Karteikärtchen ziehen zu lassen und diese dann, so richtig mitten heraus, spielen zu lassen. Das geht aber auch nur für manche Schüler, vor allem wenn der Leidensdruck hoch ist. Und auch nur dann, wenn man es nicht zu lange macht 🙂
LG Silke
Vielen Dank für Deinen lieben Kommentar, Silke!
Kärtchen mit Takt- oder Übeabschnittsnummern habe ich auch schon für den Blog vorbereitet.
Die sollten bald in einen Artikel kommen. 🙂
Liebe Grüße,
Sandra